Freitag, 11. Mai 2012

Sommerabendliche Reminiszenzen


Es war ein warmer Sommerabend - ein Gartenfest bei Freunden, in einem kleinen 0rt - ein bißchen weit weg von Michelstadt - Gespräche mit den Gästen - man sieht sich zum ersten Mal - über dies und das - über die breite Palette mehr oder weniger interessanter Alltäglichkeiten - über Berufliches: "Ja,nach meiner Schulzeit in Michelstadt...“ - "Ach, wo liegt das denn?"
Da löst sich einer aus einer Gruppe, kommt herüber: "Michelstadt im 0denwald, dort habe ich Abitur gemacht!" Dann wird das  Gespräch zum Dialog zwischen uns beiden: Der Garten wird zum Schulhof, die schöne helle Villa zum alten grauen Haus - die anwesenden Damen werden zu Mädchen in der Pause auf dem Schulhof, 1a, sie gehen in der einen, wir in der anderen Richtung um das Schulgebäude - einige sind sehr hübsch – Pennälerliebe! Namen tauchen auf: Albach, Becher, Götz, Hallstein – gemeinsame Lehrer - und: "Können Sie sich noch an den erinnern?" Natürlich, der Kampf mit dem Lehrstoff, Erlebnisse,  unvergessen, und mancher weltenstürzende Satz: "Wirth, ich habe dich immer für einen  ordentlichen Jungen gehalten, aber...".  
Böse Buben werden bestraft, die ganze Klasse bekommt das Consilium abeundi! Oder: "Wirth, was machst du eigentlich hier in der Schule, sage deinem Vater, das Land braucht Maurer!" Schülerexistenz im Klassenzimmer: "Wenn es knallt, ist es Knallgas!  Wo liegt Uluwumba? Wer hat den Globus versteckt? Bauer, du bist ein Flapsch! Die Mädchen kriegen alle eine Drei und sind still, die verstehen eh nichts von Physik! Heute kommen alle Hinteren nach vorne, die Vorderen gehen nach hinten!"
Blättern im Notenbuch: "Abbe! Nein, fangen wir heute hinten an im Alphabet! Wirth: Wie war das mit dem Antonius? " „Antonius war ein ehrenwerter Mann und die alten Römer..." "0uatsch, die Römer waren auch mal jung!"
Mein  Gegenüber weiß viele Geschichten vom Leben im grauen Haus und drumherum. Wir lachen viel an diesem Abend – weinselige Heiterkeit, versunken in der Erinnerung. Nein, es ist keine Feuerzangenbowle dort auf dem Tisch: Es spiegeln sich flackernde Kerzenflammen in Gläsern und Wein! Wir sind uns einig: Wir haben viel gelernt in dem alten grauen Haus, das wir haßten und liebten zugleich - eine Schülerpresse? Vielleicht, aber gut für uns, gut für unsere Zukunft - wir profitieren noch heute davon! Warum? Liegt es an unseren Lehrern, waren sie bessere Pädagogen? Viele verdienen ein ehrendes Andenken in Dankbarkeit. Wir sind uns einig, wir beiden ehemaligen Schüler: Es war eine schöne und wertvolle Zeit damals für uns, und es ist ein  gelungenes Fest - heute dieses Gartenfest. "Demnächst feiern wir vierzigjähriges Abitur in Michelstadt ..." Mein Gegenüber wirkt plötzlich etwas traurig. "Das haben wir leider nicht gemacht..." 
Naja, wir waren ja schließlich die "Magnatenklasse" und hatten das Consilium abeundi!

Harald Wirth

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